Mutterschutz und Beschäftigungsverbote in der vorschulischen Kinderbetreuung

Nachricht 06. September 2007

Aus den kirchlichen Kindertagesstätten erhalten die Mitarbeitervertretungen immer wieder Nachfragen, wie es um die Infektionsgefährdung und eventuell zu erlassende Beschäftigungsverbote schwangerer Mitarbeiterinnen bestellt ist.

Die Evangelische Fachstelle für Arbeitssicherheit liefert in ihrem letzten Newsletter hierzu interessante Informationen:

Mutterschutz und Beschäftigungsverbote in der vorschulischen Kinderbetreuung

Von Einrichtungen der Kinderbetreuung kamen in den letzten Jahren immer wieder Anfragen zum Mutterschutz - insbesondere zu Beschäftigungsverboten aufgrund von Infektionsgefährdungen. Bundesweite Aussagen waren lange Zeit wegen der unterschiedlichen und sich immer wieder ändernder Empfehlungen der Arbeitsschutzbehörden in den Ländern nicht möglich. Mittlerweile gibt es durch den "Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik" (LASI) weitgehend einheitliche Empfehlungen. Die einzelnen Landesbehörden können graduell davon abweichen.

Der Arbeitgeber muss nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) "Vorkehrungen und Maßnahmen zum Schutze von Leben und Gesundheit der werdenden oder stillenden Mutter treffen" (§2 Abs.1). Zu diesem Zweck hat er möglichst vor dem Eintreten einer Schwangerschaft eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen, die die Gefährdung der Schwangeren erfasst, und Maßnahmen zu deren Schutze abzuleiten. Maßnahmen können Tätigkeitseinschränkungen (z.B. kein Windelwechsel, keine Betreuung von Kindern unter drei Jahren) oder Beschäftigungsverbote sein. Das Ergebnis ist den Mitarbeiterinnen und evtl. der Mitarbeitervertretung formlos zu unterbreiten. Eine Checkliste steht unter "Mutterschutz bei beruflichem Umgang mit Kindern (NRW)" zur Verfügung (s.u.). Bei der Ermittlung der Gefährdungen sollte der Rat des/der Betriebsarztes/ärztin und der Fachkraft für Arbeitssicherheit (Ortskraft) eingeholt werden. Die Gefährdungsbeurteilung nach dem Mutterschutzgesetz wird am besten im Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz durchgeführt.
Sobald eine Mitarbeiterin ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, ist die Aufsichtsbehörde unverzüglich durch den Arbeitgeber zu benachrichtigen. Auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung (z.B. bei fehlende Immunität) spricht der Arbeitgeber Tätigkeitseinschränkungen oder "generelle Beschäftigungsverbote" aus. "Individuelle Beschäftigungsverbote" nach §3 (1) MuSchG können von behandelnden Ärzten/innen ausgesprochen werden, wenn "Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist". Darunter fallen Gefährdungen, die in der Person der Schwangeren liegen (z.B. vorzeitige Wehen bei bestimmten Tätigkeiten). Auf Wunsch der schwangeren Mitarbeiterin können Beschäftigungsverbote nicht aufgehoben werden. Bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit kann die Aufsichtsbehörde eingeschaltet werden.
Die Umsetzung der Biostoffverordnung hilft, (zukünftige) Schwangere durch rechtzeitige Impfung vor Infektionen zu schützen, die auch im Mutterschutz von Bedeutung sind. Die Vorsorgeuntersuchung nach der Biostoffverordnung berücksichtigt allerdings nur Erkrankungen, für die Impfungen zur Verfügung stehen.

Bei Meldung einer Schwangerschaft ist wie folgt zu verfahren:
Da die unten genannten Infektionskrankheiten die Schwangerschaft oder das ungeborene Leben schädigen können, sind Beschäftigungsverbote bei nicht geklärter Immunität auszusprechen. Es ist daher umgehend die Immunität durch eine/n (Betriebs-)Arzt/Ärztin festzustellen (im Regelfall bei den unten kursiv geschriebenen Infektionen). Ist eine Umsetzung der nicht immunen Schwangeren auf einen anderen Arbeitsplatz nicht möglich (z.B. Verwaltung, evtl. Hort, Weiterbildung), so ist ein Beschäftigungsverbot auszusprechen. Aus der sogenannten "Umlage U 2" können Kosten für die Lohnfortzahlung bei den Krankenkassen geltend gemacht werden. Als Nachweis der Immunität gelten Antikörperbestimmungen (IgG-Klasse) oder regelrecht durchgeführte und dokumentierte Impfungen (bei Röteln zusätzlich Überprüfung des Impferfolges durch IgG-Antikörper). Da nach Erkrankung und regelrechter Impfung bei den meisten Virusinfektionen von lebenslangem Schutz ausgegangen wird, sind bei einmal festgestelltem wirksamen Antikörper-Titer keine weiteren Bestimmungen nötig (Ausnahme bei Röteln: nach 10 Jahre erneute Bestimmungen des Röteln-HAH-Titer). Bis zur Feststellung der Immunität sollte die Schwangere umgesetzt bzw. freigestellt werden. Dies geht aber aus den schriftlichen Stellungnahmen der Arbeitsschutzbehörden nicht immer eindeutig hervor. Es wird darauf hingewiesen, dass bei den meisten Infektionskrankheiten das Hauptrisiko in den ersten Wochen der Schwangerschaft liegt - wenn die Schwangerschaft noch nicht bekannt ist.

In der vorschulischen Kinderbetreuung müssen bei den folgenden Erkrankungen bei fehlender Immunität Tätigkeitsverbote bzw. -einschränkungen ausgesprochen werden:

  • Röteln: bis Ende der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) für Umgang mit Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr
  • Ringelröteln (ParvoB12-Virus): bis Ende 20. SSW für Umgang mit Kindern bis vollendetem 6. Lebensjahr; ältere Kinder dürfen bei räumlicher Trennung betreut werden (z.B. Hort).
  • Masern, Mumps: gesamte Schwangerschaft für Umgang mit Kindern bis vollendetem 6. Lebensjahr
  • Windpocken: gesamte Schwangerschaft für Umgang mit Kindern (bis vollendetem 10. Lebensjahr)
  • Zytomegalie: gesamte Schwangerschaft für Umgang mit Kindern jünger als 3 Jahre oder behinderten Kindern unter Vermeidung von Kontakt zu Körperausscheidungen
  • Hepatitis A: beim Auftreten in der Einrichtung bis 51 Tage nach dem letzten Fall
  • Scharlach: beim Auftreten in der Einrichtung bis 5 Tage nach dem letzten Fall (keine Antikörper-Bestimmung)
  • Keuchhusten: beim Auftreten in der Einrichtung bis 21 Tage nach dem letzten Fall (keine Antikörper-Bestimmung)
  • Grippe: beim Auftreten in der Einrichtung bis 6 Tage nach dem letzten Fall (keine Antikörper-Bestimmung)
  • Hepatitis B: bei Betreuung von behinderten oder aggressiven Kindern sowie bei Auftreten in der Einrichtung

In Waldkindergärten können besondere Gefährdungen auftreten (z.B. Borreliose, Erreichbarkeit im Notfall, Hygiene). Zur Vermeidung zusätzlicher Risiken sollte eine Versetzung in eine anderen Einrichtung bzw. eine andere Tätigkeit in Erwägung gezogen werden.

Bei Fragen können Sie sich an Ihre/n Betriebsarzt/-ärztin wenden. Staatliche Behörden können ebenfalls angesprochen werden.

 

Autor: Dr. Peter Gülden, B.A.D Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH, Zentrum Hannover

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