Anfechtungsfrist von ungerechtfertigten Kündigungen

Nachricht 23. Juli 2007

Bei der Anfechtung einer ungerechtfertigten Kündigung ist auf die 3-wöchige Anrufungsfrist des Arbeitsgerichts zu achten

Gemäß Kündigungsschutzgesetz § 4 besteht für einen Arbeitnehmer eine Frist von 3 Wochen nach Kündigungszugang, um gegen eine seiner Meinung nach ungerechtfertigte Kündigung mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht vorzugehen.

Unter Arbeitnehmern ist immer noch die Meinung weit verbreitet, dass die Klagefrist von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung nur für betriebsbedingte Kündigungen gilt und dass andere fehlerhafte oder ungerechtfertigte Kündigungen, welche verhaltens- oder personenbedingt begründet werden, auch noch später angefochten werden können.

Dies kann in einem eventuell vorliegenden praktischen Fall ein folgenschwerer Irrtum sein. Das Kündigungsschutzgesetz ist im Jahr 2004 zu Ungunsten der Arbeitnehmer geändert worden. Seitdem lautet es im § 4 "Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist."

Hieraus ist zu folgern, dass jedwede Kündigung eines Arbeitsverhältnisses innerhalb der 3-Wochen-Frist angefochten werden muss, wenn man erfolgreich dagegen vorgehen will. Selbst völlig unrechtmäßig ausgesprochene Kündigungen erlangen durch die Fristversäumnis Gültigkeit.

Hier einige Praxisbeispiele:

  • Eine Kündigung wird unter Umgehung der Mitbestimmungspflicht durch die MAV vom Arbeitgeber ausgesprochen. Die MAV erfährt erst nach Wochen von der ausgesprochenen Kündigung. Das anschließende Schiedsstellenverfahren stellt fest, dass die Kündigung unrechtmäßig zustande gekommen ist. Da der gekündigte Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben hat, ist sie trotzdem gültig.
  • Ähnlich liegt der Fall bei einer Mitarbeiterin, welche gekündigt wird, obwohl sie schwanger ist. Dies ist unter normalen Umständen gesetzlich verboten. Erhebt die Betroffene nicht innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage, erlangt die Kündigung trotzdem Rechtswirksamkeit.
  • Gleiches gilt für einen anerkannten Schwerbehinderten mit einem Behinderungsgrad von mindestens 50 GdB oder einer gleichgestellten Person, welcher ohne Zustimmung des Integrationsamtes gekündigt wird.
  • Auch ungerechtfertigt befristet abgeschlossene Arbeitsverträge müssen innerhalb der Frist von 3 Wochen nach Auslaufen des Vertrages angefochten werden. Ist die Befristung nach den geltenden gesetzlichen oder tariflichen Bestimmungen nicht in Ordnung, dann kommt automatisch ein unbefristeter Arbeitsvertrag zu Stande. Dieses geschieht natürlich im Regelfall nur, wenn der Arbeitnehmer dieses auch geltend macht bzw. falls es der Arbeitgeber bezweifelt, vor dem Arbeitsgericht einklagt. Fallgestaltungen könnten sein:

    - Ein Beschäftigter unterschreibt seinen befristeten Vertrag erst, nachdem er seine Arbeit schon aufgenommen hat.
    - Die im befristeten Vertrag aufgeführte Begründung entspricht nicht den Tatsachen.

    In diesen Fällen einer unrechtmäßigen Befristung kann eine Anfechtung der Befristung entweder innerhalb der Laufzeit des Vertrages oder bis zu 3 Wochen nach dessen Beendigung erfolgen. Schließt sich ein weiterer befristeter Vertrag an, dessen Begründung dieses Mal ordnungsgemäß erfolgt und erhebt der Arbeitnehmer nicht innerhalb von 3 Wochen nach Auslaufen des alten Vertrages Klage, dann ist die Möglichkeit der Geltendmachung eines unbefristeten Vertrages ebenfalls vergeben.

Einzige Möglichkeit, trotz Verstreichung der Frist die Klagemöglichkeit zu wahren, ist die Zulassung einer verspäteten Klage nach § 5 KSchG (die so genannte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand), wenn der Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben. Dies könnte z. B. der Fall sein, wenn sich der betroffene Beschäftigte für mehrere Wochen im Krankenhaus befand und daher das Kündigungsschreiben ohne eigenes Verschulden gar nicht zur Kenntnis nehmen konnte. Denkbar wäre eine verspätete Klagezulassung eventuell auch, wenn zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs eine so starke vorübergehende psychische Störung vorlag, dass eine korrekte Bewertung der Situation unmöglich war. Als besonderen Zulassungsgrund nennt das KSchG in § 5 den Fall einer Frau, die von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grunde erst nach Ablauf der Klagefrist des § 4 KSchG Kenntnis erlangt hat.

Zu beachten ist, dass auch bei der verspäteten Zulassung einer Klage Fristen zu beachten sind. Die Klageerhebung muss innerhalb von 2 Wochen nach Beseitigung der Umstände, die eine rechtzeitige Klageerhebung verhindert haben, gestellt werden und seit Verstreichen der eigentlichen Klagefrist dürfen noch nicht mehr als 6 Monate vergangen sein.

Siegfried Wulf