Kirchengerichtshof der EKD bejaht Freistellungsansprüche von Mitarbeitervertretungen auch unterhalb der Grenzwerte von Beschäftigtenzahlen

Nachricht 18. März 2019

Das Mitarbeitervertretungsgesetz sieht, abhängig von der Anzahl der Beschäftigten, eine Freistellungsstaffel für die Mitarbeitervertretungen vor. Sollen von dieser Staffel abweichende Regelungen getroffen werden, so bedarf dies einer Dienstvereinbarung zwischen der Mitarbeitervertretung und der Dienststellenleitung. Eine Freistellung von der regulären Tätigkeit ist im Rahmen der Freistellungsstaffel des MVG erst ab mehr als 150 Beschäftigten vorgesehen. Auch, wenn es in Bereichen mit weniger Beschäftigten im Regelfall gelingt, über eine Dienstvereinbarung einen festen Freistellungsumfang zu vereinbaren, gibt es kirchliche Arbeitgeber, die den Anspruch auf eine Freistellungsregelung bei einer Beschäftigtenzahl von weniger als 151 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestreiten. Hier wird auf die grundsätzliche Regelung des § 19 Abs. 2 MVG-K verwiesen, nach der den Mitgliedern der Mitarbeitervertretung die notwendige Zeit für ihre Tätigkeit ohne Minderung ihrer Bezüge innerhalb der allgemeinen Arbeitszeit zu gewähren ist, mit all den damit verbundenen Schwierigkeiten.

Am 24.09.2018 hat der Kirchengerichtshof der EKD hier eine wegweisende Entscheidung in anderer Richtung getroffen. Danach kann in Dienststellen, in denen die Mindestanzahl von Beschäftigten für die Freistellung eines Mitglieds der Mitarbeitervertretung nicht erreicht wird, trotzdem eine Freistellung oder teilweise Freistellung von der beruflichen Tätigkeit in Betracht kommen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben der Mitarbeitervertretung erforderlich ist und regelmäßig Tätigkeit der Mitarbeitervertretung in einem bestimmten, einer Pauschalierung zugänglichen Mindestumfang anfällt. Der Kirchengerichtshof hat sich dabei an betriebsverfassungsrechtlich geltenden Grundsätzen orientiert. Um einen Freistellungsanspruch auch unterhalb der Freistellungsstaffel geltend machen zu können, muss die Mitarbeitervertretung die besonderen Umstände so detailliert beschreiben, dass die sich hieraus voraussichtlich ergebenden organisatorischen und zeitlichen Belastungen zumindest bestimmbar werden. Auch muss erkennbar werden, dass die Notwendigkeit der Freistellung für die gesamte Restdauer der Wahlperiode besteht.

Mitarbeitervertretungen in Bereichen mit weniger als 151 Beschäftigten, die Probleme bei der Umsetzung des von ihnen für notwendig erachteten Freistellungsanspruchs haben, sollten das Kirchengerichtshofsurteil zur Grundlage einer sorgfältigen Prüfung ihrer eigenen Freistellungsnotwendigkeiten machen, um mit der Dienststellenleitung anschließend in entsprechende Verhandlungen zum Freistellungsumfang zu treten.

Siegfried Wulf