Änderung des Mitarbeitervertretungsgesetzes zur dauerhaften Ermöglichung von MAV-Sitzungen als Video- oder Telefonkonferenz

Nachricht 30. September 2020

Die Covid-19-Pandemie hat uns alle sowohl privat wie auch im beruflichen Leben vor besondere Herausforderungen gestellt. Mitarbeitervertretungen war es im Regelfall nicht mehr möglich, Präsenzsitzungen durchzuführen, da in den vorhandenen Räumlichkeiten die vorgeschriebenen Abstands- und Hygieneregeln für größere Gruppen nicht eingehalten werden konnten. So wurden in vielen Fällen seit Ende März 2020 MAV-Sitzungen als Videokonferenz abgehalten, obwohl hierfür eine gesetzliche Grundlage fehlte. § 26 Abs. 2 MVG—EKD sah nur die Möglichkeit vor, Beschlüsse im Umlaufverfahren oder durch fernmündliche Absprache zu treffen, wenn dieses in einer Geschäftsordnung entsprechend vorgesehen war. Es galt hier bisher das Prinzip „Wo kein Kläger, da kein Richter“.

Das Betriebsverfassungsgesetz und die Personalvertretungsgesetze wurden in der Zwischenzeit dahingehend verändert, dass, befristet für die Zeit der Covid-19-Pandemie, auch Beschlussfassungen über Videokonferenz zulässig sind. Nun hat auch die Evangelische Kirche in Deutschland reagiert. Der Rat der EKD hat in seiner Sitzung am 11. September 2020 das Mitarbeitervertretungsgesetz der EKD im Rahmen einer gesetzesersetzenden Verordnung geändert. Diese Verordnung wurde rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft gesetzt und erlaubt dauerhaft die Durchführung von MAV-Sitzungen mittels Video- und Telefonkonferenzen. Dabei muss die MAV-Sitzung als Video- oder Telefonkonferenz die Ausnahme bleiben. Die Sitzungen müssen also im Regelfall weiterhin als Präsenzsitzung durchgeführt werden. Kann anderweitig allerdings eine beschlussfähige Sitzung nicht durchgeführt werden, kann zu dieser Ausnahme zurückgegriffen werden. Voraussetzung ist, dass kein Mitglied der Mitarbeitervertretung unverzüglich nach Bekanntgabe der Absicht zur Durchführung der Sitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz diesem Verfahren widerspricht. Auch muss sichergestellt werden, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Auch ist eine Aufzeichnung der Sitzung unzulässig.

Um zukünftig rechtssicher Video- oder Telefonkonferenzen durchführen zu können, reicht aber nicht nur die Schaffung der gesetzlichen Grundlage. Auch müssen alle Mitglieder der Mitarbeitervertretungen mit entsprechender Hard- und Software ausgestattet werden und über entsprechende Räumlichkeiten verfügen, in welchen sie, ohne dass Dritte vom Inhalt der Sitzung Kenntnis nehmen, diese durchführen können. Verfügen MAV-Mitglieder über einen eigenen Arbeitsraum mit einem Fest-PC, so wäre dieser mindestens mit einer Kamera, einem Lautsprecher und einem Mikrofon nachzurüsten. Bei Bedarf müsste einzelnen oder allen MAV-Mitgliedern ein Notebook zur Verfügung gestellt werden, und es muss geklärt werden, von welchen Räumlichkeiten aus, eventuell sogar im Homeoffice, Videokonferenzen unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt werden können. Hier sollten Mitarbeitervertretungen, welche auf das Instrument der Video- oder Telefonkonferenz angewiesen sind, mit ihren Arbeitgebern in Gespräche über eine entsprechende Ausstattung eintreten.

Siegfried Wulf